Viel, sehr viel Zeit verbringen wir gerade zuhause. Von Langeweile kann keine Rede sein. Aber die Nerven liegen blank, die Ideen für Beschäftigungen mit dem Kind gehen uns aus. Damit sind wir nicht allein. Pünktlich zum Welttag des Buches habe ich mir deswegen Gedanken gemacht und stelle nun zur freien geistigen Verfügung: Unsere 5 beliebtesten Kinderbücher für Kinder ab 1, die auch nach hundertmal lesen nicht nervig werden – und warum.
Dank der Masse an Kinderbüchern für Kinder zwischen 1 und 2 Jahren bin ich ständig auf der Suche. Vor allem nach solchen, bei denen nicht der Eindruck entsteht, dass die Verlage sowohl Eltern als auch ihre Kinder für dumm verkaufen. Ein gutes Kinderbuch ist wirklich eine Nadel im Heuhaufen. Aber welche Bücher passen für Kinder ab 1 ½ Jahren – und auch uns Eltern in den Kram? Ich muss das doch immer wieder lesen, dann will ich das wenigstens gerne tun!
Vorlesen heißt bei uns: Action-Lesung
Denn Abend für Abend (oder Morgen für Mittag für Nachmittag) immer wieder die gleichen Bücher vorlesen zu müssen entwickelt sich immer mehr zur Bürde. Dabei ist Vorlesen doch eigentlich so schön! Bei guter Kinderbuchlektüre knien wir uns beim Lesen rein, als würden wir uns vorbereiten für die Aufnahme an der Ernst-Busch. Ganz ohne uns anzustrengen.
Wenn wir aber Bücher lesen müssen, in denen plump reproduzierte Geschlechter-Stereotype vorkommen, schaudere ich. Wenn der Text außerdem so schlecht gereimt ist, dass er womöglich auf einem runden Geburtstag der Autor*in entstanden ist – dann verschenke ich den Kram weiter.
Kinderbücher ab 1 Jahr sollten so sein: Divers, hübsch, so realistisch wie nötig und so lustig wie möglich
Natürlich soll das Buch trotzdem kindgerecht sein. Kinderbücher für Kinder im Alter von 1 bis 2 Jahren brauchen vor allem Bilder. Kleinkinder lieben realistische Darstellungen des täglichen Lebens, je realistischer, desto besser. Ästhetisch anspruchsvoll darf das Buch auch sein (eine Sammlung mit Stockfotos und Reimen daneben könnte vielleicht gut für das Kind funktionieren, muss ich zugeben, so gern wie mein Sohn in der Apotheken Umschau blättert). Der Montessori-Pädagogik zufolge genießen aber auch schon die ganz kleinen Kinder liebevolle Illustrationen und Zeichnungen. Das glaube ich gern, denn das liebe ich auch. Dazu noch eine Prise Anarchie und ich bin glücklich. Meinen Marcus (und mich nicht minder) macht es glücklich, wenn das Reimschema sitzt. So viel also zur Erklärung unserer – ganz subjektiv selektierten – Liste der guten Laune im Kinderbuchregal:
Unsere 5 nicht-nervigen Bücher für Kinder im Alter von 1 bis 2 Jahren
Nasebohren ist schön von Daniela Kulot
Impro-Theater ist nichts gegen das, was bei uns manchmal los ist. Mit Herzblut tragen wir vor, mit Verve demonstrieren wir, wie das richtig geht mit dem Nasebohren. Alle machen mit. Es ist ein großer Spaß. Die Bilder sind schön und voller Details: Großmutter Maus liest auf der Parkbank z. B. das Tao Te King – wie gut! Weltfrieden und Nasebohren, das ist kindgerechte Literatur! Wenig Text, der nicht bräsig daherkommt und viele tolle Bilder.
Eins Zwei Drei Tier von Nadia Budde
Dieses Buch wirkt wie eine Persiflage auf typische IQ-Test-Fragen („Welche Zahl passt nicht in die Reihe?“), nur für Kinder und in lustig. Hauptsache es reimt sich, und das Schöne ist: Jede Reihe endet mit einer Überraschung! Die führt dann die nächste Reihe weiter. Flott vorgelesen ist das Buch in 2 Minuten zu Ende und es nervt wirklich nicht, wieder von vorn zu beginnen. Denn die Figuren sind witzig und mit genügend Details ausstaffiert, dass ungefähr 230 Variationen möglich sind, wenn wir vorlesen: Wir variieren im Tempo oder wir achten auf Accessoires, darauf wie die Tiere gucken (traurig? frech? fröhlich?), oder wir lassen raten, wer als nächstes die Reihe schließt: Hase – Mit Narbe – Mit Schramme – Mit Beule – …? Na? Na? Wer weiß es? EULE! Ja, genau! Unendlicher Spaß.
Wer rief denn bloß die Feuerwehr von James Krüss mit Illustrationen von Erika Meier-Albert
„Du-Di-Du-Di!“ bedeutet „Feuerwehr!“ und dann gibt es kein Halten mehr. Wir lesen den gesamten Text vor (!) und ich verzichte oft auf das sonst übliche Frage-Antwort-Spiel beim Vorlesen. Denn James Krüss hat es richtig drauf: Der Text ist ein Gedicht – in Jamben, ganz wie das TaTüTaTa der Sirenen. Da hüpfen unsere Germanistenherzen direkt mit: unbetont – betont – unbetont – betont. Der Sohn zeigt uns indes jedes einzelne Auto, jede „DuDi“ und natürlich die klitschnassen Kinder vom Chemieprofessor: „Kida! Nass! Oh!“
Gute Nacht, Gorilla von Peggy Rathmann
Das ist für viele sicher nichts Neues – dieses Buch ist mittlerweile ein Klassiker. Ich kenne kaum eine Familie, in der dieses Buch nicht eine treue Begleitung der Zubettgehzeit darstellt. Aus Gründen! So wenig Text – aber Holla, was da los ist. Je nach Laune folgen wir von Seite zu Seite einem anderen Detail: Hat die Maus immer noch die Banane? Wo ist der Ballon jetzt? Er ist tatsächlich auf fast allen Bildern zu sehen (wenn auch winzig). Am Fenster neben dem Haus von Zoowärter Joe tauchen immer mehr Schatten auf, die die Szenerie beobachten.
Wo ist mein Hut von Jon Klassen
Erst stand dieses Exemplar nicht auf meinem Büchertisch, aber mein Sohn hat es dazu gestellt. Das ist nur fair. Denn obwohl es in unserer Sammlung noch recht frisch ist, erfreut es sich bereits großer Beliebtheit auf allen Seiten. Minimalistische Bilder, minimalistische Mimik – außer, wenn es darauf ankommt, und hintersinnig (ich unterschätze mein Kind besser nicht, trotzdem: der ein oder andere Witz ist vielleicht nur für die Eltern gedacht). Schön für den Sohn ist, wie erwartbar der Text ist. Er freut sich über jedes „Nein“ und jedes „Trotzdem Danke“ wie ein Schnitzel und will die Namen aller Tiere wissen. Mal sehen, wie lange die Freude anhält – bis jetzt wird uns nicht langweilig.
Und jetzt Butter bei die Fische:
Ich lege in meiner Buchauswahl Wert darauf, dass klassische Geschlechterrollen möglichst selten vorkommen. Ich möchte aber noch mehr Vielfalt ins Bücherregal bringen. Diversität sollte dabei nicht unbedingt das Thema der Geschichte sein, sondern einfach sein, ein ganz selbstverständlicher Teil der Geschichte, ohne dass das Buch dadurch zu pädagogisch klingt. – Gibt es sowas? Und wenn ja, welche Bücher sind empfehlenswert? Wer weiß was?
Ich finde es toll, dass du darauf acht gibst, dass die klassische Geschlechterrolle nicht so oft vorkommt. Mir ist das bisher gar nicht so aufgefallen, lediglich bei der aktuellen Lieblings – Kinderbuchserie meiner Tochter (Ich nenne sie nur noch „Conni- das Grauen aller Eltern) ist mir dies zum ersten Mal auch ganz bewusst aufgefallen. Es stört mich genauso wie das Klischee ., dass Jungs nicht mit Puppen spielen oder lange Haare haben sollten. Was sagt das eigentlich über unsere Gesellschaft aus?
Ich denke, darin liegt der Kern: der Gesellschaft fällt es erstmal noch nicht so auf, weil nicht oft genug darauf hingewiesen wird. Oder es wird abgetan („hat uns früher auch nicht geschadet“ ist so ein Argument, dass ja auch bezogen auf Erziehung nicht haltbar ist). Es ist so wichtig, sich das ins Bewusstsein zu rufen und daran zu arbeiten, nur so kann sich auch was in der Gesellschaft ändern. Mittlerweile hat sich die Vielfalt in unserem Bücherregal noch mehr erweitert. Vielleicht stelle ich das mal vor demnächst 🙂
Das würde mich auf jeden Fall freuen wenn es noch mehr Empfehlungen diesbezüglich von euch geben würde